13.05.2013, 19:38 | Suchen
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„Entschuldigung? Herr Costa? Herr Costa!“
„Verzeihung, ich war in Gedanken. Was sagten sie?“ Konnte der nicht mal meinen Namen richtig aussprechen?!
„Wir haben eine Antwort. Und ich muss sagen, dass sie sehr von der Neustrukturierung der Ligen 2012 profitiert haben, was ihnen tatsächlich einen Start in der 3. Liga ermöglicht, ab dem Sommer natürlich. Allerdings müssen sie dazu noch ein Spiel bestehen, welches eine Woche vor dem Ligastart gegen einen anderen Aufstiegskandidaten absolviert wird.“
Ich konnte es nicht fassen, ich war zugelassen, ich würde die kommende Saison als Besitzer und Manager eines Profivereins erleben dürfen - soweit wir das Spiel gewinnen würden, wovon ich aber stark ausging.
„Den Genauen Termin für die Stadionprüfung und alles weitere erfahren sie dann per E-Mail von uns, aber bis dahin sind ja noch einige Monate Zeit.“ Ich wollte gerade den Mund aufmachen, als es mir entgegenkam: „Und bitte sparen sie sich Dankesreden, so etwas nervt auf Dauer. Also, einen schönen Tag noch.“
„G-gleichfalls und schönen Feierabend noch wünsche ich ihnen“ stammele ich hervor, ehe ich mit meinen Akten aus dem Büro gehe. Die Zeit im Zug zurück zu meinem neuen Grundstück mit Penthouse in Lübeck vergeht wie im Flug, denn der Mann hat mir auch eine Liste mitgegeben, was ich alles erledigen muss, um zugelassen zu werden. Ich hänge fast die ganze Zeit am Telefon und versuche, einen vernünftigen Trainer, einen Mannschaftsarzt, nach Möglichkeit einen Co-Trainer, einen Physiotherapeuten, einen Trainer für die Reserve, einen Mann für die Werbeabteilung und mindestens 5 Jugendtrainer zu finden. Noch während der Fahrt habe ich zumindest einen Mannschaftsarzt und einen Physio organisiert, auch ein Kollege aus Wolfsburger Zeiten konnte ich für die Marketingabteilung gewinnen. In Trainergesprächen bin ich mit Patrick Sander auf einem guten Weg, da Carl Zeiss Jena ihm wegen der schlechten Tabellenposition wohl mächtig Druck macht. Außerdem haben wir mir Ramazan Yildirim schon eine Alternative, die vom ehemaligen VfB Lübeck aus der Regionalliga Nord zu uns wechseln würde. Ansonsten habe ich mich schon umgesehen und einige ehemalige Profis versucht zu begeistern, so zum Beispiel den ehemaligen Dortmunder Dedê, der noch immer auf Vereinssuche ist, den früher bei Bayern und dem HSV aktiven Zé Roberto und auch den ehemaligen 96-Innenverteidiger Vinicíus Bergantin. Vinícius - wird mich mein ehemaliger Spieler auch hier wieder unterstützen?
Dass es sich dabei nur um Brasilianer handelt ist durchaus beabsichtigt, nicht umsonst heißt unsere Mannschaft schließlich „Selecao de Alemania“ und außerdem gibt es deutsche Kandidaten durch den überraschenden Bankrott und die damit verbundene Auflösung des VfB Lübecks genug, so werden uns unter anderem die Herren Ingo Popp und Denny Swierczynski in der kommenden Saison mit Sicherheit unterstützen. Als ich so in Gedanken versunken am Lübecker Bahnhof ankomme, übersehe ich fast Marcos, der – einen Mann in schwarzem Anzug im Schlepptau – breit grinsend auf mich wartet. Marcos ist wie ich Brasilianer und er arbeitet mit mir zusammen an diesem „Projekt“. Außerdem ist er mein bester Freund, Aufreißer und bezieht mit mir eine 2-Mann-WG in Lübeck. Kennengelernt haben wir uns in einer Hamburger Disco, wo wir uns gemeinsam gegen einen Betrunkenen Schläger verbündeten und anschließend im Krankenhaus Bettgenossen waren. Auch nach unserer Entlassung aus dem Lazarett blieb ich hauptsächlich via facebook in Kontakt mit dem zwei Jahre älteren Manager, und als ich ihm von meiner Idee erzählte, einen eigenen Verein zu gründen, war er sofort begeistert und gemeinsam hatten wir Monatelang alles das geplant, was wir nun Stück für Stück umzusetzen versuchten. Den Mann neben ihm hatte ich allerdings noch nie gesehen, wohl ein Bekannter. „Criança! Du träumst schon wieder!“ lacht er mich an. „Oh, ‘tschuldige, hab dich gar nicht gesehen. Wer ist das da?“ füge ich flüsternd und mit der Schulter in Richtung des Anzug-Menschen. „Das ist Jonas Rackmann, tätig für Nike, um Trikotverträge auszuhandeln – so wie er es gleich mit uns tun wird. Ricardo – Herr Rackmann, Herr Rackmann – Ricardo da Silva“ stellt er uns einander vor. Wir beiden nicken einander zu und geben uns die Hand, ehe Marcos uns sanft, aber bestimmt in Richtung Parkplatz drückt. Anscheinend hat sich während meiner drei Tage in Frankfurt, während denen ich keinen Kontakt hierher hatte, einiges entwickelt. Das Wappen, zu dem es bislang nur Skizzen gab, wird mir noch auf dem Weg zum Auto von Marcos auf einer Folie präsentiert und ich bin sofort begeistert, die Ideen wurde gut umgesetzt und tatsächlich sieht es zumindest zum Teil dem unseres Vorbildes, dem FC Santos, ähnlich. Clube Futebol do Selecao Almanha - so sieht unser Wappen also aus
Im Auto teilt man mir dann mit, dass man auch schon in Sachen Trikotplanung sehr weit sei, der Vertrag müsse eigentlich nur noch unterzeichnet werden – weswegen wir ja auch jetzt ins Büro fahren. Die Trikots sollen den Vereinsfarben entsprechend Schwarz-Weiß sein, aber für das Ausweichtrikot sagt mir Herr Rackmann eine „bunte Überraschung“ voraus. In unserem Büro angekommen, welches eigentlich nur ein provisorisch eingerichteter Baucontainer ist, werden wir schon von Demy und Ingo erwartet und gehen den Vertrag zu fünft noch einmal Punkt für Punkt durch, ehe wir das Geschäft nach einer knappen Stunde beschließen. Nachdem Herr Rackmann das Büro dann verlassen hat und ich allen noch einmal kurz das Ergebnis meiner Gespräche in Frankfurt beim DFB mitteilen musste, lasse ich mich hinter meinen Schreibtisch fallen und bestaune den unglaublichen Haufen an Papier, der sich vor mir auftürmt. Nach einer kurzen Verschnaufpause stürze ich mich mutig zwischen die Ordner und Umschläge und finde zwischen alten Versionen des Wappens, Schmierzetteln, mehrfach neu ausgedruckten Verträgen und anderem Unrat schließlich doch zwei interessante Briefumschläge, die ich natürlich sofort aufreiße. Im ersten findet sich ein Antwortschreiben der von uns kontaktierten Baufirma, die einen ihrer Mitarbeiter für den morgigen Tag zu uns eingeladen hat. Man habe sich mit dem Grundkonzept und auch dem finanziellen Rahmen durchaus anfreunden können, aber es gäbe noch einige Details zu klären. Das Augenmerk läge auf der Anzahl der Tribünen, Anzahl an Sitzreihen und –Plätzen, Ausrichtung des Stadions und der Struktur der Katakomben sowie des Stadiondaches. Das andere Schreiben kommt von der Grafikagentur Larisboy Designs, die sich somit als erste und bisher einzige Gruppe auf unser Anklopfen hin geantwortet hat. Man bittet um „dringende Kontaktaufnahme“ unsererseits, um möglichst Zeitnah einen Termin organisieren zu können. Nachdem ich beide Zettel kopiert und an alle weitergereicht habe, erklärt sich Marcos als erstes bereit, sich mit Larisboy Designs in Verbindung zu setzen, das Gespräch bezüglich des Stadions sehe ich als „Chefsache“ und somit liegt es an mir, aus unseren Ideen einen möglichst gemeinsamen Nenner zu finden. Während ich damit gut beschäftigt bin, hängen Ingo und Demy fast ununterbrochen an den Telefonen, um deutsche Scouts für unser Projekt zu begeistern – denn in Brasilien haben wir das gut intakt gehaltene, aber aus Geldnot verkaufte ehemalige Jugendcamp des FC Santos, in welchem schon so einiges an Talent lauert. Aber hier sieht es deutlich dünner aus, da es fast die gesamte Lübecker Jugend mittlerweile zu anderen Vereinen gezogen hat. Zwar heißt unser Verein „Selecao Alemania“, übersetzt „deutsche Selecao“, aber insgesamt will ich ein Team aufbauen, dass zu gut der Hälfte aus Brasilianern und zu einem guten Viertel aus Deutschen besteht, dazu kommen 3-4 Spieler aus anderen Ländern Südamerikas oder eben andere Spieler, bei denen man viel Qualität für wenig Geld holen konnte. Am Ende des Tages müssen wir zwar leider vernehmen, dass Wunschtrainer Patrick Sander nicht kommt, aber dafür habe ich es tatsächlich geschafft, die Stadionpläne endgültig abzuschließen. Zunächst sollen mindestens 35.000 Menschen darin Platz finden, was mehr als das doppelte der Insassen im ehemaligen VfB-Stadion sind, aber wir sind ja ohnehin so gut wie sicher eine Liga höher am Start und haben das Ziel Bundesliga fest im Blick. Auf dem „Nordring“, unserer zukünftigen Fantribüne, sollen 14.000 Stehplätze entstehen, die noch Namenlose Gegentribüne bietet 8.000 Menschen Platz, dazu kommt der Gästebereich mit bis zu 4.000 Personen Fassungsvermögen. Auf der Ostseite, von der aus die Spieler auch ins Stadion einlaufen, werden der Medienbereich sowie ein 2.000 Menschen fassendes VIP-Areal angebracht, dazu kommen knapp 4.000 weitere Plätze. Die vor allem für Familien gedachte Westkurve bietet neben dem Stadionsprecher ca. 7.000 weiteren Zuschauern Platz. Das gesamte, steil ansteigende Stadion ist in zwei Ränge geteilt und im Zuschauerbereich komplett überdacht, um zusammen mit den Fans einen Hexenkessel entstehen zu lassen, aus dem kein Gegner ungeschoren entkommt. Von den Ecken des Stadions aus werden Stahlträger quer durch die Arena gelegt, an deren Schnittpunkt genau über dem Mittelpunkt ein Videowürfel angebracht wird. Denn wen wir schon in der dritten Liga starten müssen, sind wir wenigstens Drittligisten mit Stil – und Videowürfel. Den größten Unterschied aber merkt man in den Katakomben: Der parallel zum Spielfeldrand verlaufende Weg teilt sich am Ende, auf Höhe des Strafraumes, in die beiden Umkleidekabinenkomplexe mit Umkleide und Dusche, einen Durchweg zu Parkplatz und Presseraum sowie einen weiteren Weg auf, der nach 500 Metern Untertunnelung auf dem Trainingsgelände endet. Genau das gleiche erzähle ich am nächsten Tag auch meinem Gesprächspartner, dem auf die 60 zugehenden Herrn Kraschner. Der schon etwas faltig aussehende Herr ist gerade von der Untertunnelung begeistert und so kann ich den Preis sogar noch etwas drücken, teuer wird es aber dennoch. Nach gut 4 Stunden, in denen es um Kleinigkeiten wie das Aussehen der Sitzschalen, die Anzahl der Werbebanden und den Aufbau des Trainingslagers geht, unterzeichnen wir beide gegen 21:00 überglücklich den Vertrag – während ich zum Saisonstart das modernste Stadion der Liga mein eigen nennen kann, hat er gerade wohl das Geschäft seines Lebens gemacht und kann sich von der Provision wohl bis in die Rente beurlauben lassen und nach Mallorca ziehen. Marcos gibt mir kurz darauf per SMS Bescheid, dass er mit der Vertreterin des Grafikstudios alles abgeklärt hat, die Nacht aber „bei einem Freund“ verbringt. „Sehr schön, du sitzt hier mit wichtigen Leuten und er vögelt die Geschäftspartner, wirklich toll“ denke ich mir, während ich etwas missgelaunt nach Hause fahre.
| | 14.05.2013, 18:30 |
Beitrag #12 | |
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Kein Interesse an der Karriere?
Der Wecker klingelt. Tut er zwar jeden Morgen, aber wirklich dran gewöhnen werde ich mich wohl nie. Seufzend strecke ich mich, stehe auf, dusche und gehe nach unten in die Küche. Tisch gedeckt, Marcos nirgendwo zu sehen, wie könnte es besser laufen. Wir sind zwar beste Freunde, aber morgens ist er echt anstrengend und so lese ich mit einem breiten Grinsen einen Zettel an der Kühlschranktür, auf dem er mir erklärt, dass ihm beim Frühstück holen etwas dazwischengekommen ist und er mich dann einfach um 9:00 am Büro trifft. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er und das dazwischengekommene Etwas sich gerade bei ihr zu Hause im Bett vergnügen und werfe den Zettel in der Manier eines Basketballers aus 9 Metern in den Mülleimer - fast jedenfalls. Seufzend gehe ich quer durch den Raum, entsorge die Notiz und nehme mir zwei Croissaints und eine Tasse Kaffee und setze mich in Ruhe auf den Balkon. Es ist Freitag, der 20.07. und damit der Tag vor meinem ersten Pflichtspiel als Trainer und Manager in der 3. Liga. Auftaktgegner ist mit dem FC Saarbrücken ein durchaus besiegbarer Verein, und da es auch noch die Stadioneröffnung ist, werden alle Spieler wohl 110% geben. Zwar haben wir im Laufe der letzten Monate schon einige Testspiele gemacht, aber nur auf dem ehemaligen Lübecker Trainingsgelände oder eben auswärts. Ich trinke meinen Kaffee in einem Zug aus, nehme den Laptop aus der Tasche und schaue mir noch einmal die Ergebnisse der Testspiele an. SSV Jahn Regensburg vs. Almanha 0:4
Hansa Rostock vs. Almanha 2:3
SpVgg Greuther Fürth vs. Almanha 2:2
Almahna vs. Viktoria Köln 5:1
RB Leipzig vs. Almanha 1:3
Santos FC vs. Almanha 7:2
Santos FC vs. Almanha 5:3
Almanha vs. SC Paderborn 2:1 Insgesamt kann man damit nur zufrieden sein stelle ich ein weiteres mal fest, besonders die Spiele gegen Fürth, Regesnburg Paderborn machen Mut. Die Pleiten gegen Santos waren zwar heftig, aber vor toller Kulisse in Brasilien erträglich, denke ich mir und träume kurz zurück an die Reaktionen der Fans beider Seiten, als Silvio uns in der 4. Minute des ersten Spiels per Fallrückzieher in Führung brachte. Ich schließe kurz die Augen und lasse alles nochmal auf mich einwirken, ehe mich mein Handywecker daran erinnert, dass es 8:30 ist und dass ich, wenn ich im laufe der nächsten zehn Minuten nicht losfahre, von Ingo angeschnauzt werde und zu spät komme. Ich mache mich fertig, schaue ein letztes mal auf meinen Teller und verabschiede mich dann schweren Herzens von den Resten meines Frühstücks, um mich auf den Weg zu machen. Ich könnte zwar unterwegs weiteressen, aber ich war erst kürzlich in der Autoreinigung und zudem bin ich mir ziemlich sicher, dass kein Audi A8 gerne riecht wie eine Konditorei. Mit einem A8 ist der Morgen erträglicher
Ich steige ins Auto, fahre langsam aus der Einfahrt lasse den Motor kurz aufheulen, ehe ich Kurs auf unser Vereinszentrum nehme. Ich lasse das Fenster herunter und die morgendliche Sommerluft ins Auto, es ist angenehm kühl. Ich bin etwas zu spät und freue mich umso mehr darüber, dass ich schnell durch das noch etwas verschlafene Lübeck komme und schaffe es gerade noch rechzeitig auf den Parkplatz. Zeitlich gesehen habe ich zwar keinerlei Druck, aber just in dem Moment, in dem ich auf dem Parkplatz zum stehen komme, kündigen meine absoluten Nicht-Lieblings-Moderatoren Franky und Rieke (Wer heißt denn bitte so?) als nächsten Song "Tage wie diese" an. Ich habe zwar nichts gegen deutsche Musik, aber der dauerhafte Drang ins schnulzige geht einem auf Dauer dann doch auf die Nerven.
Beim Aussteigen bemerke ich mal wieder eine kleine Menschenansammlung, die mit Plakaten und Spruchbändern vor dem Trainingsgelände auf- und abmarschiert. "Brasilianer nach Brasilien, Lübeck in die Nordsee" lautet der Schriftzug auf dem größten der Plakate, ein anderes liefert die Erkenntnis "Aus Lübeck wird das neue Leipzig - Tod dem Kommerz". Das ganze wird von dem an Kreativität unübertreffbaren "1,2,3 - lasst die S****** sein!" untermalt, was der bunten Ansammlung an Menschen das letzte Bisschen Autorität nimmt. Ich frage mich ernsthaft, ob diese Menschen nichts besseres zu tun haben, als Tagein, Tagaus ohen irgendeinen Nutzen zu demonstrieren. Auch wenn es traurig ist, haben sie das wohl nicht und gehören zu der Sorte Menschen, die morgens vor dem Spiegel stehen und sich fragen: "Gibt es ein Leben vor dem Tod?"
Kurz überlege ich, ob ich nicht mit dem Auto ein paar über den Haufen fahren und von ihrem trostlosen Leben erlösen sollte, erinnere mich dann aber noch rechzeitig an die kürzlich erfolgte Waschprozedur und gehe so lieber ins Büro. Beim Eintreten fliege ich zuerst beinahe über ein Verteilerkabel, dass aus dem bis gestern leerstehenden Vorraum in unser Büro führt. Ich stammele ein verwirrtes "Hallo" an die Junge Frau, die zwischen Bergen aus Papier an einem Computer sitzt und bei der es sich offenbar um die endlich "Verpflichtete" Sekretärin handelt. Ich durchquere den Raum, öffne die Tür zu unserem Büro, fliege nochmal über das Kabel, wünsche im Vorbeirauschen dem mich auslachenden Marcos, Ingo und unserem "neuen" im Team, dem Ex-Union-Spieler Daniel Teixeira, einen Guten Morgen, lasse mich auf meinen Bürostuhl fallen, werfe dem noch immer lachenden Marcos einen Stift an den Kopf und bemerke dann, dass noch ein weiterer Mann im Raum steht - einer, den ich irgendwie kenne. Perfekt gestutzer Bart, Seitenscheitel, faltenloser Anzug mit Hemd, perfekt sitzende Krawatte und blankpolierten Schuhen - ein Deutscher, wie er im Lehrbuch steht. Dann beginnt der Mann einen Vortrag und ich erkenne die Stimme: Herbert Rackmann von Adidas, Marcos hatte mit ihm die Trikotverträge ausgehandelt, und offenbar sind die Shirts jetzt endlich da. Nachdem es wochenlang Streitereien gab und wir unsere Testspiele in Leibchen absolvieren mussten, kommen sie jetzt offenbar doch noch mehr oder minder pünktlich an. Der Mann monologiesiert eine Weile vor sich hin, bis es zur endgültigen Präsentation kommt. Zunächst per Beamer - daher die Kabel, die mich beinahe umgebracht und zum Gespött des Vereins gemacht hätten - und dann bekommen wir die Exemplare aus Stoff endlich überreicht.
Das Heimtrikot ist wie gefordert in Weiß, das Auswärtstrikot in schlichtem Schwarz und auch die "Farbenfrohe Überraschung" in Rot fürs Ausweichtrikot trifft meinen Geschmack voll, abgerundet wird das ganze von einem Blauen Torhütertrikot.
Wir unterhalten uns noch eine Weile, bis der Mann - ohne über ein Kabel zu stolpern - den Gebäudekomplex verlässt. Während Ingo und Daniel sich gleich wieder an die Arbeit machen, versucht Marcos zunächst noch einmal, unsere Sekretärin anzugraben. Ich werfe ihm einen bedrohlichen Blick zu um ihm klarzumachen, dass er gefälligst seine Hände und auch sonstige Körperteile von Angestellten lassen soll, nehme mir von dem für Herrn Rackmann bereitgestellten Präsentationstisch einen Doughnut und gehe nach draußen aufs Trainingsgelände, um den Spielern die Frohe Botschaft zu übermitteln und mit meinem Co-Trainer über den Kader für das morgige Spiel zu reden. Ich begrüße Denny und den Teamkapitän wie es sich gehört per Handschlag, werfe dem restlichen Team und dem Trainerteam ein "Morgen zusammen" zu und sage kurz bescheid, dass die Trikots in wenigen Minuten da sein müssten, anschließend schaue ich mir mit meinem Co die letzten Leistungsdaten zu den Spielern an. Der Komplette Kader
Der Kader insgesamt ist enorm stark und ausgeglichen, worüber ich mich jedes mal freue. Mit Ewerton Pascosa, Emerson, Paulo Henrique, Diego und Jubal haben wir gleich fünf Spieler des FC Santos im Kader, ebenfalls aus Brasilien kamen Milton Raphael (Botafogo), Roberto (AA Ponte Preta) und Fabinho (Gremio Barueri). Dazu kommen noch Marcelinho, den ich aus Herthaner Zeiten noch kenne, und der aus Porto ausgeliehene Sebá. Für keinen dieser Spieler mussten wir Ablöse Zahlen. Ebenfalls ablösefrei kamen Hasanbegovic (VfB Lübeck), Kroos, Ayik (Beide SV Werder Bremen), Castelen (Hamburger SV), Wellington (TSG 1899 Ho'heim) sowie Schünemann und Evseev von einem weiterne Ex-Club, Hannover 96, zu uns. Kostenpflichtig waren lediglich unser Topstürmer Silvio und Mannschaftskollege Trapp (zusammen für 500.000€ von Union Berlin) sowie Innenverteidiger Gledson (250.000€ vom FSV Frankfurt).
Insgesamt ist aufgrund der letzten Trainingseindrücke schnell die Start-11 für den Saisonauftakt festgelegt: Im Tor beginnt Jungspund Milton Raphael, davor bilden Trapp, Gledson, Pascosa und Emerson die Viererkette in der Abwehr. Da ich ein in Südamerika typisches 4-3-3 spielen lasse, werden sich Oldie Fabinho und der deutsche Kroos den Platz auf der 6 Teilen, davor wird Fanliebling Marcelinho (5.000 Trikots wurden im Vorferkauf bestellt) das Team anführen. Auf den Außenbahnen beginnen Sebá links und Castelen Rechts, in der Mitte soll Silvio, mit dem kich seit meiner Union-Zeit gut in Kontakt stehe, die nötigen Buden knipsen. Die Startelf zum Ligaauftakt Nachdem das erledigt ist, bleibe ich noch kurz vor Ort, wippe im Takt zu den Sprechchören der Demonstranten und gehe mit Eintreffen der Trikots gemächlich zum Büro zurück. Erneut fliege ich beinahe über das Kabel, weise die Sekretärin an, das Zeug zu beseitigen und setze mich dann hinter meinen Schreibtisch. Nach ein paar Kurztelefonaten mit den Leitern verschiedener Ultra-Gruppierungen und dem Anführer der offenbar Arbeitslosen Truppe Demonstranten vor dem Haus kann ich den Arbeitstag für beendet erklären und verabschiede mich so schon früh wieder aus dem Büro. Zu Hause lege ich mich noch einmal aufs Ohr, danach schaue ich mir ein paar alte Aufzeichnungen Saarbrückens an und gehe früh schlafen, um für morgen ausgeruht zu sein - denn der erste Eindruck ist immer der Wichtigste.
| | 14.05.2013, 18:37 |
Beitrag #13 | |
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1. Wenn die Karriere erst nach 5 Monaten weiter geht
2. Wie hast du die Trikots gemacht?
3. Fand den ersten Bericht wieder gelungen, den zweiten lese ich später, gleich Training
| | 14.05.2013, 18:58 |
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| | | 14.05.2013, 22:01 |
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| | | 19.05.2013, 03:06 |
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Der nächste Morgen beginnt gut, aufgeregt wache ich noch vor dem ersten Weckerklingeln auf und mache mich fertig. Ich verbringe den Morgen nochmal mit Denny im staubigen Büro und fahre dann mit einer erst in Deutschland angewöhnten Pünktlichkeit zum Stadion und schicke das Team zum Warmlaufen.
Es geht dann auch alles recht schnell und schon ist es 13:45 und unter tosendem Applaus der 35.683 Fans (Komplett ausverkauftes Haus) begeben sich die Mannschaften auf den Platz.
Auch von der Trainerbank aus bekommt man Gänsehaut, als die Mannschaften sich in Reih und Glied aufgereiht an der Mittellinie Aufstellen und zunächst die Saarbrückener Hymne "Wir sind vom FCS" und dann auf unserer Seite die Vereinseigene, jedoch Namenlose Hymne gespielt wird. Dann sind die Feierlichkeiten "endlich" vorüber und um Punkt 14:00 pfeift Referee Thorsten Schriever die erste von vielen hoffentlich erfolgreichen Partien im El Fantástico an.
Es dauert keine 6 Minuten, bis unser von 34.000 Fans nach vorne gepeitschtes Team die erste Gelegenheit zur Führung hat. Castelen schickt Silvio auf die Reise, der Goalgetter legt von der Grundlinie flach nach innen, wo FCS-Keeper Fernandez im Letzten Moment vor Schünemann klären kann, der Ex-96iger war kurzfristig für den verletzten Kroos eingesprungen. Keine 30 Sekunden später bringt dieser eingespielte Spielzug erneut Gefahr: Castelen kommt nach Doppelpass mit Silvio zur Flanke, diesmal ist es Rechtsverteidiger Jüllich, der knapp vor dem eingerückten Sebá klären kann. Immer wieder ging es von da an nach vorne, nach 8 Minuten die nächste Chance: Außenvertiediger Emerson geht mit zwei Übersteigern auf der rechten Seite vorbei und zwingt Fernandez zu einer Glanztat, Sebá verpasst nur knapp den Abpraller. Ich rufe mir den Kapitän Marcelinho nach außen und weise noch mehr Druck an, um die hinten schwimmenden Saarbrücker zu überrennen und so laufen wir nach 18 Minuten glatt in einen Konter. Ein übler Fehlpass von Fabinho landet genau im Fuß von Jüllich, der leitet direkt weiter auf Özbek und schon gibt es eine Überzahlsituation der Gäste. Letztendlich zögert der Türke aber zu lange und legt zu spät quer auf Ziemer, der dann zu wenig Zeit hat und den Ball unkonzentriert in den Oberrang befördert. Das 1:1 auf dem Fuß - Marcel Ziemer
Der Konter dämpft unseren Offensivdrang ein wenig und so kommen wir erst nachdem ich mit mehreren Spielern geredet habe nach 35 Minten wieder nach vorne. Romeo Castelen nimmt aus der eigenen Hälfte fahrt auf, geht im Vollsprint an Jüllich vorbei und wird von diesem kurz vor dem Strafraum humorlos zu Fall gebracht, die folgende Gelbe Karte ist noch das Mindeste. Doch in unseren Reihen haben wir einige starke Schützen, und so nimmt Marcelinho Anlauf und schlenzt den Ball aus 19 Metern exakt in den linken oberen Winkel, das verdiente 1:0 für uns.
Doch die Freude währt nicht lang: Nur eine Minute später kommt eine Kohler-Ecke von der rechten Seite direkt auf den Kopf von Ziemer, der es diesmal besser macht und Roberto zwischen den Pfosten keine Chance lässt. Dieses Tor nimmt dann endgültig den Dampf aus der Partie, Saarbrücken mauert sich in die Pause, auch weil wir zu verängstigt sind und uns nur noch einmal in Form von Sebá nach vorne trauen.
In der Pause appeliere ich noch einmal an die Bärenstarke Anfangsphase und bringe zudem mit Ayik nochmal frischen Wind in die Begegnung.
Der Türke fügt sich auch gleich mit einer schönen Ballgewinn an der Mittellinie an, doch anstelle zurück zu spielen, schaltet er den Turbo ein und geht über die Außenbahn nach vorne. Dann geht alles zu schnell für den Gegner, mit zwei Haken vernascht er Straith und legt nach innen, wo Silvio zur rechten Zeit am rechten Ort steht und den Ball mit dem rechten Fuß recht locker rechts am recht weit links stehenden Fernandez in die Maschen schiebt. Nur drei Minuten später gibt es dann beinahe die Chance auf das 3:1, als Ayik, Schünemann und Silvio sich quer durch den Strafraum kombinieren, letzen Endes jagt Marcelinho den Ball aus 20 Metern aber knapp links vorbei. Doch wie heißt es so schön: "Wenn du das Ding vorne nicht machst, bekommst du es hinten" und dieses Schicksal sollte auch uns ereilen: Kruse schlägt den Ball nach vorne, wo Gledson ein wunderbares Luftloch schlägt und so Ziemer die Chance zum Doppelpack ermöglicht. Der gebürtige Wormser nimmt den Ball gut mit und lässt Roberto mit einem Flachschuss keine Chance - 2:2 nach 56 Minuten. Er kann auch anders: Ziemer bejubelt seinen Doppelpack
Beinahe will ich erneut wechseln, doch ein einfacher Fehler ist dann doch keinen wirklicher Grund und Gledson zeigt schon im nächsten Moment, wie wichtig er fürs Team ist. Eine tolle Grätsche an der Mittelline leitet den nächsten Angriff ein, Fabinho spielt steil auf Schünemann, der mit zwei schnellen Schritten an Kohler vorbei geht und überlegt ins lange Eck abschließt. Als sich der Torschütze 3 Minuten nach seinem ersten Treffer im Profifußball für ein taktisches Foul die erste Gelbe Karte der Partie abholt, wechsele ich dann doch und bringe mit Jubal einen weiteren Innenverteidiger, stelle vom 4-3-3 auf ein 5-1-3-1 um. Auch mein Gegegnüber Jürgen Luginger reagiert und bringt mit Stegerer und Eggert zwei neue, Kohler und Kruse dürfen eine gute Viertelstunde vor dem Abpfiff auf die Bank. Doch diese Wechsel bewirken nicht den erneuten Ausgleich, nach einem erneuten Ballgewinn von Gledson spielt Fabinho den Ball hoch nach vorne, wo Silvio problemlos an zwei Spielern vorbeigeht und dann frei vor Fernandez querlegt, so dass der mitgelaufene Onur Ayik seine glänzende Leistung mit einem Treffer krönen kann. Die restlichen 11 Minuten sind dann nur noch schaulaufen, ehe der Unparteiische die Partie beendet und die Fans das Team mit tosendem Applaus auf eine Ehrenrunde und anschließend in die Kabine führt. Auch ich drehe noch eine kleine Ehrenrunde, ehe ich zu einer kurzen Abschiedsrede in die Kabine und anschließend auf ein Glas Schampus mit Denny, Ingo, Daniel und Marcos ins Büro gehe. Doch die Feierlichkeiten dauern nicht allzu lange, denn ein Pflichtsieg wurde eingefahren, mehr nicht und auch wenn es den Dreier gab, lief längst nicht alles Perfekt und man muss schon jetzt ein wenig die Augen auf eventuelle Neuzugänge werfen...
Da es für den letzten Teil nur ein wirkliches Feedback gab, wollte ich mal fragen, ob auch von "stillen Lesern" Interesse an dieser MS besteht, oder ob sie von den meisten eher links liegen gelassen wird.
Außerdem wollte ich fragen, ob der jetzige Spielbericht zu ausführlich war und ich in Zukunft auf ein paar Einzelheiten verzichten soll, oder ob ihr jedes Spiel so durchgekaut haben wollt...
Achja und allen ein Frohes langes Wochenende | | 19.05.2013, 08:21 |
Beitrag #17 | |
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Also die Story gefällt mir auf jeden fall,
aber die Spielberichte könnten etwas kürzer sein.
Guter Sieg gegen den FCS
Danke gleichfalls
| | 19.05.2013, 14:11 |
Beitrag #18 | |
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Alter, schon lange nicht mehr Fan von solch großen Spielberichten
Das ist ja nur ein Spiel oO
Vor allem im ersten Spielabschnitt aber immer: nach 30 Sekunden, nach acht Minuten, nach achtzehn Minuten...
Bisschen Abwechslung: Ende der Anfangsphase, Kurz darauf, im Gegenzug, Vom Anstoß weg...
Ansonsten gut gemacht | | 19.05.2013, 14:15 |
Beitrag #19 | |
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Das Auto ist R8, kein A8 | | |